Stisser, Kilian

Kilian Stisser wurde 1562 in Quedlinburg als ein Sohn des Kanzlers der Grafen von Mansfeld geboren und studierte später in Helmstedt, Wittenberg und Jena Rechtswissenschaften. Seine berufliche Laufbahn begann Stisser 1591 als Kanzler des Mansfelder Grafen Bruno. Bereits 1592 wurde er Bürger der Stadt Halle und war ab 1594 als Syndikus für die Rechtsgeschäfte der Stadt zuständig, wie seinerzeit schon der Großvater mütterlicherseits, Kilian Goldstein (1490-1568). 1598 wechselte Stisser von der Stadt an den Hof und amtierte zunächst als Rat und Vizekanzler des Erzstifts Magdeburg, das bis 1608 vom Magdeburger Domkapitel regiert wurde, da Christian Wilhelm von Brandenburg als postulierter Erzbischof noch unmündig war.

1602 wurde Kilian Stisser in Prag durch Kaiser Rudolf II. in den Reichsadelsstand erhoben, 1603 erfolgte als Höhepunkt seiner juristischen Karriere die Berufung zum Kanzler des Erzstifts. Im selben Jahr kaufte er den großen Gebäudekomplex Domplatz 1/ Flutgasse 1 als Wohn- und Repräsentationshaus, das auch eine „Audienzstube“ besaß. Seine Laufbahn brachte erheblichen Wohlstand mit sich. So besaß er zwischenzeitlich noch das Marktschlösschen, mindestens drei weitere kleinere Häuser in Halle sowie ein Haus in Magdeburg, wo er sich aus dienstlichen Gründen oft aufhielt. Stisser erwarb außerdem die unweit von Halle gelegenen Landgüter Nietleben und Neukirchen, die später von seinem Enkel Paul Kilian Stisser (1618-1693) wieder veräußert werden mussten.

In Helmstedt hatte Kilian Stisser 1589 die Buchhändlerstochter Margarethe Heil geheiratet. Das Paar hatte 16 Kinder, von denen im Jahre 1620, als Stisser mit fast 58 Jahren starb, noch zehn lebten. Der Kanzler wurde auf dem Stadtgottesacker beigesetzt. Die Familiengruft des Schwibbogens Nr. 66, zu der ein Grabstein mit ganzfiguriger Darstellung des Verstorbenen gehörte, wurde 1945 durch Kriegseinwirkung zerstört, lediglich der rekonstruierte Wappenstein verweist heute wieder auf das einstige Erbbegräbnis der bedeutenden Familie.

Auch der zweitälteste Sohn, Bruno Stisser (1593-1646), gleichfalls Jurist und zeitweilig Assessor des Schöppenstuhls in Halle, der in Braunschweig verstarb, wurde hier begraben. Obwohl Teile der sich verzweigenden Familie gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges wieder dauerhaft in Halle ansässig waren, wurde das große Wohnhaus Domplatz 1 aus finanziellen Gründen 1654 an den Administrator August von Sachsen bzw. das Erzstift verkauft und diente nun als „Kanzlei“. Größere Bekanntheit in Halle erlangte später noch ein Enkel des Kanzlers und Sohn des Bruno Stisser: der Theologe Wolfgang Melchior Stisser (1632-1709). Dieser wirkte 47 Jahre in Halle als Prediger, seit 1662 an der Marienkirche, ab 1689 an der Ulrichskirche.