Schützenfeste

Im Bestand des Leipziger Grassi – Museums für Angewandte Kunst gibt es einen  schmalen Reif mit Perlen- und Goldstickerei, der das Wappen der Stadt Halle trägt. Dem Inventar des Museums zufolge wurde er 1601 von einem Leipziger Bürger bei einem Schützenfest in Halle gewonnen. Schützenfeste kleineren Umfangs, in denen, wie auch bei den größeren Festen, auf einen hölzernen sogenannten „Spanvogel“ geschossen und ein „Schützenkönig“ ermittelt wurde, fanden relativ regelmäßig statt. Die beiden größten hallischen Schützenfeste von 1560 und 1601 beschrieb der Ratssyndikus Dr. Thomas Cresse (1558-1636) in seiner Chronik zur Geschichte der Stadt Halle ausführlich.

Als Initiator des „Land- und Spanvogel-Schießens“ im Jahre 1601 trat die Armbrust-Schützengesellschaft der Stadt Halle auf. Zahlreiche Städte wurden angeschrieben, denn es sollte „von solcher Kurtzweile (das) durchauß keine Stadt in diesem gantzen loblichen Primat Ertzstifft außgeschlossen werden.“

Als Hauptgewinn des Festes wurde die Geldsumme von 60 Reichstalern für den Rumpf des Vogels festgesetzt, weitere Preise, ab 40 Reichstalern abwärts, galt es auf andere Teile (Kopf, Flügel, Schwanz etc.) zu gewinnen. Für die „Kurzweil“ plante man unter anderem die Einrichtung eines „Glückstopfes“ als einer Art Lotterie.

Die eingeladenen Städte (über 150) mit zusammen 322 Schützen, weilten vom 30. August bis zum 5. September in Halle. Die Eröffnungsfeierlichkeiten begannen nach der Registrierung aller Schützen im Waagegebäude auf dem Markt. Es folgte eine von Trompetern, Trommlern und Pfeifern begleitete Prozession mit Fahnen zum „Schützenhof“, wo sich die 110 Ellen hohe Stange mit dem abzuschießenden Vogel befand. Abgesandte des Administrators Christian Wilhelm von Brandenburg wie der Vizekanzler des Erzstifts, Kilian Stisser, und der Hauptmann der Moritzburg, Curt von Mandelsloh nahmen an der städtischen Veranstaltung teil. Den Hauptgewinn des Wettbewerbs trug der Wittenberger Hans von Berge davon. Am Ende des mehrtägigen Festes gab es erneut eine Prozession, diesmal mit dem Schützenkönig, sowie eine Abschlussfeier im Saal der Ratswaage mit Rheinischem Wein, Torgauer Bier, Kuchen und Konfekt.

Noch während der Prozession wurde „den abgeordneten Herren und Schützen der Stadt Leipzig“ ein „neugemachtes von Perlen und golde undt E[ines] E[hrbaren] Raths wapen gesticktes (…) Schützen-krantzelein“, das an einer zugehörigen Fahne befestigt war, überreicht. Es wurde von Christoph Schulert als offiziellem Vertreter der Stadt Leipzig entgegen-genommen. Man verwies dabei auf das Jahr 1549, als der Rat der Stadt Halle vom Rat der Stadt Leipzig ebenfalls einen Kranz erhalten hatte, der durch ein 1550 in Halle abgehaltenes Schießen „gelöset“ worden war.

Dieser 1601 den Leipzigern als Zeichen „nachbarliche[r] Zuneigung“ verehrte Schützenkranz gelangte in den Leipziger Ratsschatz und von dort 1875 in das damalige Leipziger Kunstgewerbemuseum. 1976 kehrte er im Rahmen einer Sonderausstellung zur „Halleschen Goldschmiedekunst“ kurzzeitig als Leihgabe nach Halle zurück.

Abbildung: Schützenehrenkranz, Stadtarchiv Halle